Reisebericht 2012

Vier Wochen Urlaub waren eingeplant, Mitte Juni sollte es losgehen, um die langen Tage zu nutzen. Aber dann lief es in der Firma, in der ich angestellt war immer schlechter,     so dass ich um meine Kündigung bat. Kurzfristig waren Vorbereitungen für eine selbständige Existenz zu treffen. Der Starttermin wurde immer wieder verschoben, wobei uns    das Wetter es leicht machte. Das Resüme in der Yacht: Im Süden top - im Norden Flop!                                                                                                                                                          Wohlwissend, dass es immer auch gute Wetterabschnitte gibt, war es für uns schwer, uns zwischen zwei Tiefs loszureißen. Wir blieben im Revier, nutzten jeden Sonnentag     und vertrödelten so die Zeit. Wenn die Ostseeumrundung der Jakobsweg der Segler ist, wie Wilfried Erdmann schrieb, so freuten wir uns schon jetzt auf das Original, den       Jakobsweg Ende September und schauten den Seglern am Kap Finestera nach, die ihren Weg nach Süden nahmen.

Pfingsten

Pfingsten lief die Planung noch wie immer. Wir wollten Segeln, wohin der Wind uns trieb. Rainer war zuversichtlich in diesem Jahr nicht seekrank zu werden, Volker     bereitete schon wieder mit Unterstützung seiner Mutter kulinarische Köstlichkeiten vor, ich nahm es als Vorfreude auf den Sommertörn. Da Volker erst ab Sonnabend             starten konnte, schränkte sich der Radius etwas ein.                                                                                                                                                                                                                               Gegen 11 Uhr liefen wir zwischen den Molen in Warnemünde aus und hatten uns zu entscheiden.  Hoch Otto über Skandinavien sorgte für sonniges Wetter mit leichtem          Wind von ONO, Gedser war anzuliegen, ab nach Dänemark in den Guldborgsund und dann weiter sehen. Wir waren stolz auf uns, dass wir schon jetzt so entspannt waren.       Hält der Wind schaffen wir es bis Vordingborg oder Femö, bis in den Sund ist er allemal gut genug. Die Alternative wäre Kühlungsborn mit der Hafenparty zu Pfingsten,             aber die wird von Jahr zu Jahr langweiliger, ohne Einfälle und Engagement (nicht organisiert, sondern) realisiert.                                                                                                                   Pfingsten ist aber an der Ostsee das Erwachen der Natur und so zog es mich in die herrliche Landschaft am Guldborgsund. Volker ist immer für Dänemark, genauer gesagt,    den dänischen Marzipankuchen. Wir waren nicht traurig, dass der Wind einschlief, der Stinker blieb aus, 18 Uhr schafften wir die Brücke vor Nyköbing, im Supermarkt       "Brugsen" bekamen wir den letzten frischen Marzipankuchen, oh kann das Leben schön sein! Eine Meile nördlich von Nyköbing liegen im Sommer zwei Ankerbojen aus,            jetzt leider (simplify your life) noch nicht, also Anker schmutzig machen. Abendessen mit sauer eingelegten Maränen, Räucheraal und vielen weiteren Köstlichkeiten, Rotwein, Sonnenuntergang und absolute Windstille. Rainer hing dem Tag nach, der ihm keine Seekrankheit beschert hatte. 

Am nächsten Tag (Pfingstsonntag) hatte der Wind auf Nord gedreht, frischte am Mittag kurz auf und man spürte schon, dass das nicht halten würde. Der kenternde Strom       wendete den Bug des Bootes nach Süden und da der kluge Segler auf die Zeichen der Natur hört, bestimmten wir Nysted als unser nächstes Ziel. Am nächsten Tag sollte         der Wind aus West kommen und so hatten wir den besten Ausgangspunkt für die Rückreise. Der Hafen in Nysted war wenig von Seglern besucht (die sind zum Glück alle in Kühlungsborn), dafür aber umsomehr von flanierenden dänischen Familien. Später kam die Skythia, die im Winter bei uns im Rostocker Museumshafen gelegen hatte.                Wie doch so ein schöner alter Segler, auch wenn es eine Replik ist, einen Hafen aufwertet!                                                                                                                                                          Wir machten uns auf zu einem Stadtbummel, kauften im Brugsen am Pfingstsonntag einen Marzipanzopf, im Second Hand Shop eine Gluckerflasche. Am Abend machten           wir noch einen Spaziergang zum dänischen Südstrand und zur immer größer werdenden Kormorankolonie. Dann schmeckt auch das Essen wieder, Grillen von Fleischbergen auf der Pier.

Am nächsten Tag hatten wir Zeit, WSW mit 4-5 Bf versprach eine schnelle Rückreise auf einem Bug und der hielt auch bis Warnemünde.

Seglerisch war der Törn wenig anspruchsvoll, aber um so mehr erholsam, eine Auszeit vom Alltag, ein Ritual für Freunde. 

An der Stelle möchte ich auf den Artikel in der Yacht (20/2012) "Sorge dich nicht, segle! kommen. Ich kann den Erfahrungen der Autoren hier nur zustimmen. Seit längerer Zeit genieße ich das Segeln bewusst, als Ausgleich zu meinem Arbeitsalltag. Bei der Törnvorbereitung im Winter freut man sich schon wochenlang auf dieses Erlebnis. In der     Woche kann ich den ungesunden Stress unterdrücken, indem ich die verbleibende Zeit bis zum nächsten Segelwochenende organisiere und mir deren Ende sichtbar mache.   Mit dem Ablegen beginnt die Konzentration auf das Segeln. Alle Sinne sind zuallererst darauf gerichtet, das Boot zu bedienen und zu manövrieren, den Körper im wahrsten     Sinne des Wortes ins Gleichgewicht zu bringen. Die Sinne sind zu justieren, es ist hell, die Sonne von oben wird vom Wasser reflektiert, alles bewegt sich langsam und nur   im Einklang mit der Natur. Entschleunigung  wird einem quasi geschenkt, man muss sie nur annehmen.                                                                                                                              Immer wieder treffe ich Mitsegler, denen es schwer fällt, die Gegebenheiten zu akzeptieren, die Entschleunigung anzunehmen, ihren Körper, noch mehr den Geist auf diese Umwelt einzustellen, sich damit zu arrangieren. Oft sind sie dann unruhig, aber mit einigem Abstand sagen sie mir, wie schön es doch auf dem Segelboot war.                             Die gleichen Erlebnisse kann man auch in anderen natürlichen Umfeldern erleben. Mir geht es so im Wald, wenn ich mich auf die einzelnen Bäume, Pfanzen, Wuchsformen einlasse, hinterfrage, beobachte. Und auch hier begegne ich Leuten, die den Wald vor lauter Bäumen nicht sehen. Wenn wir nur lernen, die Natur wirklich zu erleben, könnten    wir, denke ich, viele Medikamente einsparen. 

Ich bin bei einem längeren Aufenthalt in Schottland durch Zufall auf das keltische Baumhoroskop gestoßen. Eigentlich glaube ich nicht an Horoskope. Es mag auch an der Sprache gelegen haben, dass ich dem mehr Bedeutung beigemessen habe. Ich habe meinen Baum mit seinen Eigenschaften identifiziert und mir viele Gedanken gemacht.    Warum ist gerade dieser Baum mein Sinnbild. Ich mochte den Baum zunächst nicht sonderlich, fand ihn dann aber immer anziehender und letztlich, dass er zu mir passte.       Viel später habe ich erfahren, dass das keltische Baumhoroskop eine gar nicht so alte geschäftstüchtige Erfindung war. Mir hat es aber rückblickend einfach Spaß gemacht, geholfen genauer den Wuchs der Bäume zu beobachten und ihre Lebensstrategien im Umfeld zu erkennen, einfach mich zu konzentrieren, Stress auszublenden.

 

 

 

 

 

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