Reisebericht 2016

Es ist Herbst 2017

Ich habe mir einen Hafentrailer gekauft, einen alten Traktorenhänger, auf den mein Bootgenau passt.

So konnte ich am Schnatermann aus dem Wasser gehen. Jetzt stehe ich auf unserem kleinen, von Hecken geschützten Parkplatz und habe alle Zeit der Welt für die Winterarbeiten. Vorher bin ich mit dem Museumshafen auf der Haedge-Halbinsel aus dem Wasser gegangen. Ein kalter, windiger Platz.

Winterarbeiten: Und die haben es in sich!! Eine kleine Faulstelle, schon im letzten Jahr beobachtet: der Ablauf aus der Plicht - eine Kleinigkeit, dachte ich. Der Umstand ist nur, dass ich zuerst die Steuersäule mit Steuerhydraulik,elektrischer Kontrolltechnik und mechanischer Motorenschaltung abbauen musste. Danach war die Bodenplatte in der Plicht auszubauen.

Jetzt komme ich an die Faulstelle und die ist größer als gedacht. Stechbeitel, Stichsäge, Karosseriesäge ran. Ursache erkannt: Der Ablauf von der Sitzbank war nicht richtig an den Plichtablauf angeschlossen. Kleine Ursache - große Folgen!

23.11. Heute habe ich mich entschlossen, auch noch den Dieseltank auszubauen, um mehr Platz und Baufreiheit zu haben. Also erst einmal Diesel abpumpen und dann den Tank raus. Danach: Stechbeitel, Stichsäge, Karosseriesäge.

 

Ach und ich bin Mitglied in der Kreuzer-Abteilung geworden! Ich hoffe auf Anregungen, insbesondere zum besseren kreuzen ;-) Das ist auf der "Hanse Boot" passiert.

 

20.01.2018  Ein Problem war das Sperrholz für die Reparatur zu besorgen. Entweder man kann ganze Sperrholzplatten kaufen, obwohl man nur kleine Stücken braucht, und hütet dann mit dem Rest. Oder man geht zu Bootsbauern, die aber auch kein Sperrholz vorhalten. Oder man kauft im Internet Stücke, die dann genau so teurer sind als ganze Platten beim Großhändler.

Die Lösung war für mich das Polyester-Zentrum Lübeck. Zunächst etwas sonderbar, der Internetshop ist total veraltet, am Telefon hieß es: komm einfach her, dann schneiden wir dir die Stücke raus. Kurz gesagt: zuerst haben wir in den dort vorhandenen Resten gesucht, dann weitere Stücke aus Platten herausgeschnitten. Der Preis: benötigtes Stück x Preis/m 2. Also merken: Polyester-Zentum Lübeck!

Die Vorbereitung dieser Segel-Saison hatte es in Sich!

Ich hatte eine faule Stelle im Rahmen des Plichtbodens am Wasserablauf entdeckt und wollte diesen sanieren. Das heißt: Steuersäule mit allen Verbindungen abbauen, Plichtboden ausbauen und loslegen. Die Faulstelle dehnte sich aber bis hinter den Dieseltank aus; also auch den ausbauen. Jetzt hatte ich Baufreiheit, aber die Kälte ließ ein Einkleben der Passteile nicht zu.

Also erst einmal den neu erworbenen Kleingarten mit Laube auf Vordermann bringen.

Am Ende konnte pünktlich Ende April gekrant, der Mast gestellt und alles wieder segelklar gemacht werden. Auf die Schönheit kam es in diesem Jahr nicht an, die erste Reise war für den 10. Mai mit Freunden in die Schlei angesetzt.

Aufregend wurde es noch einmal als der Motorenschlosser „Rübe“ bei einer Routinewartung der Einspritzdüsen defekte Gewinde entdeckte und diese sanieren musste. Aber auf „Rübe“ (Rüdiger Albrecht) ist Verlass. Am 10. Mai lief der Motor sauber und trocken.

10.Mai: 6 Uhr Ablegen Richtung Fehmarn-Belt Brücke, Heiligenhafen. Ab 10 Uhr schien die Sonne, allerdings kam der Wind genau von vorn. So konnten wir den Motor gleich mal testen (und die Seefestigkeit meiner Mannschaft, meinen Matrosen Rainer und Volker).

Die kleine Marina östlich des Stadthafens hat uns sehr gefallen, waren wir doch mitten in der Stadt und nahe der Restaurants. Der erste Segeltag der Saison soll doch stilvoll ausklingen, allerdings dann bei sinnflutartigem Regen, trocken in der Kneipe.

11. Mai: Nochmal hatten wir ca. 40 sm bis Schleimünde zurückzulegen, also wieder früh raus.

15 Uhr kamen wir dann in Schleimünde an, kurz nachdem Rainer Wäsch (sailing-rainer) mit seiner „Antje“ und Gert dort eingelaufen waren. Neben Ihnen war noch ein Platz frei und so kam das Treffen (Nordsee trifft Ostsee) auch gleich direkt zustande.

Hafen bei der Giftbude klein

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

12. Mai: Weiter geht die Reise nach Haitabu, das Ziel der Reise mit meinen Matrosen, Rainer und Volker (Steg des Segelvereins Fahrdorf). Der Bildungs- und Kulturteil beginnt Wir besuchen Museum und Siedlung und wandern um das Noor und beenden die Bildungsreise auf Wikingerart in der Traditionsgaststätte „Odin“.

Am nächsten Tag verlässt uns Rainer (zuhause warten 80 Küken und weiteres Vieh. Volker bleibt noch einen Tag, den wir mit Ankern bei Missunde, Baden, Sonnen und Faulenzen verbringen.

Brücke Kappeln klein

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Nachdem ich Volker wieder nach Fahrdorf zum Bus gebracht habe, geht es wieder auf einen Ankerplatz auf der „Großen Breite“. Die Schlei ist wirklich ein super abwechslungsreiches Familienrevier, wo man sich immer einen geschützten Ankerplatz suchen kann und ein Restaurant ist auch nicht weit, mit dem Schlauchboot zu erreichen.

Allerdings reagieren einige Schleianreiner seltsam, als ich einen Stammlieger nach der Tauchtiefe am Liegeplatz frage, zuckt er die Achseln und verweist mich auf die Seekarte; als wir die Kellnerin eines Restaurants am Schleiufer nach Hornhecht fragen, glaubt sie, wir machen einen Scherz. Bei dem Hinweis Fisch mit grünen Gräten, sagt sie: sowas gibt es hier nicht. In Kappeln essen wir dann Hornfisch aus der Schlei. Aber sonst sind die Leute hier sehr freundlich und relaxt.

Am Abend trifft dann auch Rainer am Ankerplatz auf, nachdem er Gert in Kappeln abgesetzt hat. Wir genießen die ruhige Stimmung auf der Schlei, die vorbei ziehenden Boote und die Abendsonne. Mann, haben wir ein Glück mit dem Wetter!

16. Mai: gehen wir auf große Schleifahrt, 2 Std. bis Arnis und legen in der Traditionswerft Matthias Paulsen an. Wir werden freundlich vom Altgesellen begrüßt, der uns schon mal stolz die „Schätzchen“ in der Werfthalle zeigt. Hier liegen mehrere Holzkutter in Top-Zustand hergerichtet, u.a. der A&R Segelkutter „Meteor“. Dann treffen wir den Werftbesitzer, der uns begrüßt und die Gegebenheiten erklärt: Toiletten, Duschen, Müll etc.; In der Werfthalle fotografieren? Na klar, wir müssen nichts verstecken, macht ruhig Reklame für uns!

Am Abend ist „Mittwochregatta“, eine große Teilnahme, 5 Starts und viele Zuschauer an Land, alle kennen sich in der kleinsten Stadt Deutschlands.

IMG Fahrdorf klein

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Schleswig vo Fahrdorf

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Treffen auf der Großen Breite

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Arniss klein

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Werft Matthias Paulsen

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Noch ein Wort zu Arnis: Die Wikinger machten auf der unbewohnten Insel Rast auf dem Weg nach Haitabu. 1666 hat Detlef von Rumohr die Herrschaft über die Gegend übernommen und wollte den Eid seiner Untertanen erzwingen (Leibeigenschaft). 62 Familien aus Kappeln verließen daraufhin Kappeln, nachdem der freundliche Herzog Christian Albrecht ihnen die Erlaubnis zum Siedeln auf der Insel erteilte und gründeten den Ort Arnis. Offensichtlich war dies die Creme der Angelsachsen, denn nach kurzer Zeit gab es hier mehr Schiffe als in Eckernförde oder Flensburg. Dazu siedelte sich das entsprechende Handwerk an. Später wurde ein Damm zur Insel erbaut, so dass Arnis sich heute aufeiner HI befindet.

Geblieben ist das Handwerk des Holzbootsbaus, was man an den vielen gepflegten Holbooten sieht.

Übrigens erklärte mir der Altmeister der Matthias Paulsen Werft, dass man Holboote immer wieder zu neuem Glanz verhelfen kann. Das geht mit vielen GFK-Yachten nicht, wenn das Material gealtert ist. Und er scheint Recht zu haben und beweist es mit dem eigenen Boot, an dem er 30 Jahre gearbeitet hat, um es jetzt in Bestzustand zu präsentieren.

Boot des Altgesellen von M.Paulsen

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

17. Mai: Die Schlei verwöhnt uns weiter, der Wind dreht auf West, so dass wir nach Maasholm segeln können. Rainer schreibt, dass wir auf der Schlei schleichen, weil Heidi kommt. Hinter Maasholm ankern wir wieder und fahren mit meinem Schlauchboot an Land, um Maasholm zu erkunden.

Am nächsten Tag geht es zurück nach Kappeln, wo Heidi ankommt, meine Liebe, und über Pfingsten bleibt. So ein tolles Revier und Wetter möchte man doch teilen. Rainer erkundet die Gegend in der Zeit mit dem Fahrrad.

Bevor Heidi kommt starten wir eine Einkaufsorgie. Rainer kauft einen Fotoapparat, den er mit all seinen digitalen Medien vernetzen kann, sogar aus 20m Wassertiefe und ich kaufe mir die Atlassammlung vom NV Verlag für die Ostsee, inkl. CD und App für Handy und PC. Endlich kommt in Deutschland die praktische Lösung an, die es in Finnland und dem Baltikum schon lange gibt.

Ein Muss ist die Bierakademie in Kappeln mit Essen bis zu Abwinken.

18. Mai: Nochmal die Schlei hoch bis Lindaunis, Ankern, Sonnen, Relaxen mit Heidi und Boote gucken, am Steg in Arnis Hafenkino vom Feinsten. Eine moderne 50 Fuss-Yacht, die Frau am Vorstag, der Mann am Ruder, Verständigung mit Schreien, hat schon drei Ehrenrunden gedreht, Bug- und Heckstrahlruder, hecktische Kommandos, Frau hält das Boot auf Kommado mal Bb mal Stb von den Pfählen bzw. dem Nachbarboot ab. Das Ganze hat die Länge eines Spielfilms. Was will man mehr, nach einem schönen ruhigen Segeltag auf der Schlei?

Dann gibt es Segler, die mit full speed bei achterlichem Wind an den Stegen vorbei brausen, je moderner, je schneller natürlich und solche, die die Schlei aufkreuzen und sich die Zeit nehmen.

Bis jetzt schreibe ich übrigens rückblickend, weil mein Labtop wieder mal seekrank wurde und mir den Zugriff verweigert hat. Mein PC-Doc gab einige Hinweise, so dass es jetzt holprig geht. Leider kann ich die Fotos noch nicht einstellen. Außerdem fehlt mir die Zeit auf der schönen Schlei.

21. Mai:  Wir sind von unserem Schleitörn zurück in Kappeln, tanken das Boot auf (40 l Diesel) Rainer hat in der Zwischenzeit die ultimative Kneipe gefunde,, "Palette". Die Kellnerin wirkt ein wenig wirr, ist aber sehr nett und geschmackvoll gesteilt. In der Kneipe treffen wir den Patron, loben das Ambiente und er klagt über den Nieddergang der Kneipenkultur: "Die Leute reden nicht mehr miteinander, sondern sitzen nebeneinander und glotzen ins Handy. Wir verabschieden uns von Heidi. Morgen geht es endlich wieder auf die Ossee, leider Wind von Ost, so dass uns nichts anderes übrig bleibt, als den Weg über die dänische Südsee zu finden.

auf der Nehrung zur Giftbude

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

22. Mai: Heute ging es früh los (7.30 Uhr) ich hoffte auf einen Winddreher auf NO, so dass wir Aerö südlich runden können. Aber leider, 20° bei wenig Wind trieben uns durch die dänische Südsee an Svendborg vorbei in die Thuroe-Bucht. Für viele Segler das Ziel, für uns ein Umweg aus der schönen Schlei zum schönen Rügen. Immerhin ist die Wassertemperatur hier 18° C und ich gehe öfter baden.

dänisch

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Richtig segeln geht immer noch nicht, Großsegel und Motor. Immerhin haben wir tolles Sommerwetter und so kommen wir in den Grönsund. Von dort entschließen wir uns zu einem schönen Segeltag vor Möns Südküste, bleiben aber in Klintholm. Nach Rügen/Hiddensee passt der Wind noch nicht. Immer noch Sommer. Sogehen wir einkaufen, um zünftig zu grillen. Gibt es Schöneres?

segeln südlich Moen

Ein langer Schlag raus und dann Wende, Krs. Klintholm. Dort kommen wir 15 Uhr an, gehen Einkaufen, um den schönen Tag mit Grillen zu beenden. Wir brauchen Kraft für den nächsten Tag, Krs. Hiddensee.

Unter der Dusche fällt mir ein Spaß ein: Ich schreibe einen Beitrag im Segelforum und stelle die Titulierungen in Frage. Mit der Anzahl der Beiträge bekommt man dort Titel verpasst, vom Leichtmatrosen bis zum Großadmiral. Wer aber viel schreibt, hat wenig Zeit zum Segeln. Ich stelle eine irrsinnige Formel auf: Vereinfacht gefahrene Meilen /Bootslänge durch 10 / Anzahl der Beiträge im Forum. Wer eien Zahl unter 10 erhält ist ein Schnacker. Ich bat um Meinungen und Verbesserungsvorschläge. Das war der Hit, innerhalb von 2 Tagen über 1000 Klicks. Einige hatten den Nonsens nicht erkannt und hatten Bedenken (AIS-Prüfung der Angaben) andere witzelten mit.

 

 

 

 

 

 

 

25. Mai: 8 Uhr Auslaufen aus Klintholm, eine Buckelpiste nach tagelangem Ostwind, zweimal Vorsegel gewechselt, dann mit der Genua eigentlich zu viel Tuch, aber nochmal zu wechseln hatte ich keine Lust mehr, Deck waschen und abends 30 l Wasser in der Bilge.

16 Uhr waren wir in Kloster fest. Anlegebier bzw. Sommergetränke und erst einmal erholen. Dann habe ich Rainer doch noch den Ort gezeigt.

Rainer vor Klint

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

26. Mai: Rundwanderung auf dem Inselnorden. Ich habe Rainer meine Lieblingsecken gezeigt: Die Hütte von Farben & Lacke mit Blick auf den Bodden, Grieben mit der alten Kneipe Enddorn, Dornbusch, Klausner, Uwe Gohlkes Hedins Oe. Rainer hat es sehr gut gefallen. Zur Belohnung gab es bei Rainer RumCola, Gerts Lieblingsgetränk. Dann Baden in der See, Katrin hatte uns gewarnt, 11°C. Jo war kalt. Dann ging es nach Vitte in die Seebühne (Volles Programm).

Heute ist Sonntag und wir haben uns das Frühstück im Hotel Hitthim gegönnt. Dort konnten wir mit EC-Karte bezahlen. Das Kleingeld ist uns ausgegangen und der einzige Geldautomat der Insel in Vitte ist out of order. Also verlegen wir uns heute Nachmittag aufs Festland. Da gibt es auch keinen Geldautomaten, aber wir können mit Geldkarte bezahlen. Für morgen früh habe ich schon Brötchen in Vieregge bestellt.

16 Uhr geht es los, das Wetter ist nicht mehr so toll, bewölkt und diesig, eigentlich sollte nach dem Mittag schon wieder die Sonne scheinen, und dies bis zum Freitag.

Rainer hat auf sein offenes Gesicht von einer Verkäuferin, 50 € geborgt bekommen, er überweist dies per online-banking zurück. Ich gebe mein letztes Bargeld aus.

Kaum sind wir in den Breetzer Bodden eingelaufen kommt eine Nebelwand auf uns zu. Ich denke noch, dass wir da schnell durchkommen und dahinter scheint die Sonne wieder. Leider wird der Nebel immer dicker, z.T. 20m Sicht bei Wittower Fähre. Rainer ist dicht hinter mir und dahinter hängt sich noch ein Motorboot und vertraut meiner Navigation. So dichten Nebel in engen Fahrwassern und dann noch die Charterbasis mola in Breege vor uns mit den Fritzen, die im Hafen nicht einmal aus einer Box kommen – erhöhte Wachsamkeit ist angesagt.

18 Uhr sind wir in Vieregge am Anleger von Rolli Reeckmann und wenig später im Bistro. Wir leben auf Bierdeckel und rechnen am Ende ab. Die Wirtin, Ulrike Frank, kennt mich noch vom Vorjahr.

Abends kommt dann plötzlich die Sonne heraus und nach einigen Böen schläft der Wind wieder ein. Sommerabend. Sonnenuntergang. Man, ist das schön!

An der Stelle muss ich noch einmal Werbung für die deutsche Ostseeküste machen. Ob Schlei oder Rügen, überall nette Menschen in den Häfen, persönliche Ansprache, kleine Preise, gutes Essen …

Hier in Vieregge ist es wieder ganz besonders: Obwohl wir am Reeckmannschen Außensteg liegen und dafür nicht bezahlen, steht uns der freundliche Service zur Verfügung. Auf der Brötchentüte steht mein Nahme und „Guten Morgen“ und ein Smiley. Frau Frank ist auch Inhaberin von Wellmare und verbreitet, strahlt Freude aus.

Rainer ist begeistert. Ich werde ihm hier noch viele solcher Orte zeigen können, aber heute werden wir erst einmal durch die schöne, abgelegene Natur über Neuenkirchen nach Liddow wandern, um Rolli Reeckmann einen Besuch abzustatten und „Brückengeld“ (Wir haben eine Flasche Whisky eingepackt) zu übergeben. Vermutlich werden wir die dann aber auch gleich gemeinsam austrinken.

29. Mai: Jo es war ein langer Tag, bei Rolli. Auf dem Weg waren wir bei Kaufmann Bunge, einem Dorfladen, der eigentlich nur morgens und abends öffnet, weil in der Zwischenzeit ohnehin niemand auf der Straße ist. Wir sehen ihn aber wir entdecken ihn an seinem Boot und gerne verkauft er uns Flaschenbier, dass wir auf der Treppe vor dem Laden trinken. Es ist Mittag und sehr heiß. Durstwetter, zuhause werfen die Obstbäume die Früchte ab.

Leider hat das Wirtshaus Montag Ruhetag, inzwischen hat der Kaufmann auch geschlossen und als wir in Vieregge ankommen ist auch das Hafenbistro geschlossen. Wir gehen an die Reserven.

30. Mai: Wir haben beschlossen, auch noch nach Ralswiek zu segeln. Von Haitabu nach Ralswiek, die bedeutendsten Wikingerorte an der deutschen Ostseeküste!

Leider findet man davon nichts in Ralswiek, hier ist alles Störtebeker. Dafür gibt es ein gutes Restaurant (Ochsenbäckchen) und ein Schiff, dass meiner früheren Mutafo sehr ähnlich ist:

Knapp 20m, 5m breit, 1905 in Komposit (Eisen genietet, Kolzboden) in Hamburg erbaut.Meine Mutafo war 22m lang, auch in Komposit 1908 erbaut.

31.Mai: Wir lassen das Ankern hinter dem Gellen ausfallen. Wetterwelt hat stärkere Winde angesagt. Durchsegeln bis Stralsund. Hafentag. Morgens erschrecke ich Rainer, als ich die Maschine anwerfe, um aus dem Hafen zu fahren. Er hatte sich wieder an seinem Lieblingsspielplatz, Computer, vergessen. Erst guckt er wie ein Erdmännchen, dann kommt Bewegung auf. Ein herrlicher Segeltag: Sonne bis 6 Bf, keine Wellen. In Rauschefahrt geht es mit allen Segeln, Genua, Groß und Besan Stralsund bei fast halbem Wind entgegen. In Böen läuft die Deep Blue über 7 kn, da heißt es sich in den engen Fahrwassern zu konzentrieren. 15.30 Uhr bin ich in der Marina in Stralsund, Nordmole fest. Auf Rainer muss ich 1 172 Stunden warten. Zeit Pellkartoffeln mit Mattjes vorzubereiten.

In Stralsund sind gerade die Hafentage, Stralsunder Woche mit Musik vor den Speichern. Regatten. Der Hafen ist gut gefüllt, wir liegen am Steg 3, Segelverein, mit dem besten WLAN, also schreibe ich mal schnell und versuche Fotos hochzuladen. Morgen Ankern in der Glewitzer Wiek.

01. Juni: Bei dem guten WLAN versuche ich noch meinen Explorer für die Telefonverbindung zum Handy in Gang zu setzen, klappt nicht.

Um 12.20 Uhr nehmen wir die Brückenöffnung und segeln zur Glewitzer Wiek. Die Badetemperatur ist 21°C, die Luft bei kühlendem Wind 23°. Baden, baden, Sonne, kühle Drinks bei Rainer, warme bei mir. Mit Rainers E-Motor fahren wir mit seinem Beiboot auch noch ans Ufer. Am nächsten Tag geht es mit meinem Beiboot nach Puddemin in das Restaurant "Luv". Mein kleiner Motor schafft die Strecke hin und zurück (4 sm) miteiner Tankfüllung. Zum Glück hat die Gaststätte geöffnet (Öffnungszeiten waren im Internet nicht herauszubekommen, Essen ist prima!

03. Juni: Anker auf, weiter geht es zunächst nach Lauterbach. Rainer ist gespannt, der Produktionsort der Vilm, die Stelzenhäuser in der Marina im Jaich. Mein Entusiasmus hält sich in Grenzen. Nach dem Besuch bin ich bestärkt, Lauterbach lohnt sich nicht. Das Beste war das Essen in einer Bude am Hafen (Fish & Ships und frisch gezapftes Bier). Die Marina im Jaich hat sich zu einem Getto auf Stelzen entwickelt. Sie bewirtschaften auch den Ortshafen, Liegegeld ist in der Marina im Jaich zu entrichten, wenn nicht kostet es 5 € extra. Eine Frechheit. 

03. Juni: In der Nachbetrachtung zu Putbus hat der Ort im Verhältnis zu den anderen besuchten Orten sehr verloren. Budenkultur im Hafen und Gettokultur im Jaich. Man sollte dem Gesundheitsministerium das Pfahlbautengetto für den Fall empfehlen, dass eine schlimme Seuche ausbricht. Dort könnten die Infizierten separiert genesen.

Auch Rainer hat schnell sein Interesse an dem Ort verloren und so segeln wir nach dem Mittagessen in die Zicker See auf den Ankerplatz. Rainer ist früher dort und ankert auf dem ausgewiesenen Ankerplatz. In der Vergangenheit habe ich das auch so gemacht und beobachtet, wie größere Boote am dort stehenden Dalben festgemacht haben. Das mache ich auch und liege total sorgenfrei. Wir machen mit Rainers Beiboot eine kurze Reise (50m) nach Klein Zicker und wandern auf den Hügel.

Am nächsten Tag nehmen wir mein Beiboot, um in den Fischereihafen Thiessow zu gelangen. Der Hafen bietet erstaunlich viel Platz und eben den rustikalen Charme eines Fischereihafens. Hier ist mehr zu besehen, als in Lauterbach! Wir wandern, kaufen im Ort ein und gehen schließlich im Hafenrestaurant Hornfisch essen, für 9,90 €! Es wird wohl der letzte der Saison. Nebenan befindet sich noch eine Fischräucherei, alles arbeitet dort Hand in Hand.

04.Juni: Jetzt verholen wir uns nach Seedorf. Der Wind ist frisch und der Greifswalder Bodden zeigt, was er kann. Ich komme kaum gegen den Wind aus der Einfahrt, kurze steile Wellen. Ab der Ansteuerungstonne läuft es schräg zu den Wellen besser und bei der Einfahrt in die Having läuft das Boot mit der gleichen Motoreinstellung 6 kn. Um 16 Uhr sind wir beide gut an den Pfählen vertäut und wir können den ersten Landgang zur Weinbar unternehmen und viele Bekannte treffen.

05. Juni: Wanderung über Moritzdorf-Baabe-Sellin-Neuensien, zurück zum Boot. Rainer behauptet, es wären 25 km Wanderweg gewesen. Wir verziehen uns gleich aufs Boot, genug gelaufen. Morgen will ich Rainer das Jagdschloss Granitz zeigen.

Also geht es am nächsten Tag wieder los, aber der Weg ist nicht so weit und es gibt mehrere Raststätten auf dem Weg: Kirche Lanken-Granitz, Biergarten der Haltestelle Garftitz des „Rasenden Roland“, Biergarten am Kavaliershaus vom Jagdschloss Granitz. Rainer besteigt den Turm. Ich schenke mir das dieses Mal und frage statt dessen den Aufsichtsmann, der aber keine Ahnung über die Historie hat. Zurück geht es den gleichen Weg mit Fotostop am „Rasenden Roland“. Jetzt weiß Rainer auch das eigenartige Heulen richtig zu deuten. Den Weg über die Steingräber lehnt er aber ab, tote Steine. Wir nehmen uns Räucherfisch und Fischsalat von der Fischräucherei in Seedorf, mit, Der Inhaber, Liedke, ist mit dem Ritter Carlos von Liddow verwandt.

07. Juni: Da segeln wir noch einmal nach Thiessow. Der Ort hatte uns gut gefallen und heute ist Bauernmarkt im Hafengelände. Es ist wirklich großer Trubel. Wir treffen noch einen 82-jährigen Segler aus Tönning, alte Schule: als wir ihn ansprechen, bittet er uns auf Boot. Dann nehmen wir noch mein Schlauchboot mit, das ich dort bei den Fischern deponiert hatte und segeln zurück nach Seedorf.

Morgen geht es zum Blues nach Binz. 11 Uhr wandere ich los, Rainer fährt einen anderen Weg mit dem Bordrad. Wir treffen uns im Kurpark, auch Heidi ist schon dort und der Blues beginnt.

Wieder eine schöne Veranstaltung mit interessanten Musikern und immer noch dieses tolle Sonnenwetter.

Am 10. Juni bringt Heidi mich zurück zum Boot, sie hat den neuen Windgenerator „Rutland 504“, mein Regress (der alte hat nur ein Jahr gehalten) dabei. Eigentlich komme ich mit dem Bordstrom sehr gut aus, die Batterien sind voll und Handy, Kindle und Computer werden sicher geladen. Heidi fährt nachmittags und ich bau das Gerät gleich an. Anfangs denke ich, dass der Anschluss nicht korrekt ist, weil er trotz Lauf nicht lädt, aber, wie soll er auch, wenn die Batterien voll sind. Alle Verbraucher an und siehe da, er schaltet sich mit ein.

Rainer kommt abends durchnässt am Boot an. Am Nachmittag hat es auf dem Festland Gewitter gegeben, hier kommt auch Regen an und den hat Rainer aufgesammelt. Einige Spezialkakao erwärmen ihn dann wieder.

11. Juni: Eigentlich wollten wir heute weiter nach Freest, aber der Wind kam kräftig und böig genau aus der Richtung, also einen Tag warten im schönen Seedorf. Und nun nach dem Regen ist es auch in der Sonne wieder auszuhalten.

12. Juni: Der Wind hat zu unseren Gunsten gedreht und weht mit 4 Bf, so können wir direkt von der Having in den Peenestrom mit Backstagskurs laufen. 8 Uhr ging es los 11 Uhr waren wir im Hafen Freest. Der Hafenmeister hat uns einen Platz im Fischereibecken zugewiesen. Wir kaufen im Laden am Hafen ein besuchen den Segelverein Freest und die Bootsbauwerft. Hier ist richtig Betrieb und wir schauen uns an, wie eine Planke gedämpft und dann an einer Jolle angepasst wird.

13. Juni: Wir sind noch einen Tag in Freest geblieben. Das Wetter passt nicht, um nach Lohme oder Arkona zu segeln, Rainer möchte Kröslin sehen, nachdem er Lob von einem Vereinskameraden gehört hat, und ich würde gerne Ingo Beier, meinen Museumshafenfreund besuchen, wo sich auch Walter aus Lübeck aufhalten soll.

Also auf nach Kröslin. Der Ort ist tot, das Zentrum ist jetzt die Marina, aber auch die ist tot. Boote aus ganz Deutschland liegen hier, aber die Eigner sind noch nicht da. Die Stege sind 300 m lang (ein weiter Weg zu den Toiletten), an ihnen liegen 120 Boote. Wir sind die einzigen Gäste in der Hafenbar und Rainer beim Friseur. Ich fand die Marina immer ein Ungeheuer und Rainer ist auch total enttäuscht, wie kann man das gut finden?

Abends geht es in die andere Richtung nach Spandower Hagen, wo Ingo auf einem Forsthof mit seiner Bootsbauwerkstatt, Segelmacherei und maritimem Service residiert. Jetzt hat er Wasser- und Landflächen im Lubminer Hafen gepachtet und dort sein Marine Service Unternehmen angesiedelt. Er zeigt uns den Hafen, wo ich auch Walter aus Lübeck wieder treffe.

Am 14. Juni passt der Wind für den Kurs aus dem Greifswalder Bodden, Rügens Ostküste hoch. Herzliche Verabschiedung von Horst, dem Hafenmeister, Liegegeld mit Rabatt, Kumm man eins wedder! Die ganze Zeit waren dort Fischer unterwegs, man konnte Frischfisch kaufen oder nur zusehen, das hat Flair!

Für mich ist das schon der Start zur Langfahrt nach Schweden. Südlich Thiessow schläft der Wind fast ein. Rainer wirft die Maschine an (immer, wenn die Geschwindigkeit unter 4 kn fällt), ich dümple erst einmal weiter und höre die Aufzeichnung von „Zwischen Hamburg und Haiti“, NDR vom 25.05.: Die Entdeckung der Langsamkeit, Rügen und das besondere Gefühl für Zeit. In Lohme komme ich auch noch an (es stinkt mal nicht!) und wir beschließen den Abend im Fischrestaurant, nehmen bei einem Rum bei Rainer Abschied. Hier trennen sich unsere Wege. Er segelt zurück nach Bremerhaven und ich nehme Kurs auf Bornholm.

15. Juni: Frühstücken, Duschen, Haare waschen, 8 Uhr Ablegen nach Bornholm, Halbwindkurs, Genua, Großsegel und Besan, es geht flott voran. Die Großschiffe machen einen gehörigen Bogen um mich. Um 11 Uhr bin ich beim Windfeld Wikinger, das will ich mir genau ansehen, also dicht ran, werde aber vom Guard Vessel verjagt 2 sm Abstand. Haben die Geheimnisse? Es läuft so gut, dass ich gleich an die Nordspitze von Bornholm segle und vor Sandvig ankere. 65 sm in 11 Stunden. Auf dem ganzen Törn habe ich viele Frachter und Fähren gesehen, aber nicht einen Segler. Schon weit vor Bornholm habe ich super Empfang mit dem Handy und kann mit Heiko (Mecklenburger Yachtklub) telefonieren, der im Kalmarsund segelt.

Das nächste Ziel ist Utklippan. Da bin ich immer vorbei gesegelt, obwohl dies ein besonderer Ort, ein Vorposten in der Ostsee ist. Auch hier ein starkes Netz 4G. Der Wind ist schwächer als erwartet, so dass ich teilweise mit Motor fahre und bei wenig Verkehr die Möglichkeit nutze meinen Maschinenraum zu überwachen, wo kommt das Wasser in der Bilge her? Endlich entdecke ich, dass es aus dem Schnüffelventil auf einen Schlauch tropft, von dort über die Schallisolierung in die Bilge sickert. Das soll man finden! Mit einem Bleistiftstummel ist der Schwanenhals verstopft und die Bilge trocken.

Utklippan hat wieder einen agilen Hafenmeister, der hilft, wenn erforderlich. Ich bin zu schnell, um so netter beantwortet er alle meine Fragen.

Utklippan

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

17. Juni Früh schnattern die Enten so laut und eigenartig am Boot, dass ich glaube es seien Windgeräusche. Ich wollte früh los, weil der Wind kräftig zulegen soll (Wetterwelt macht immer richtige Voraussagen!). Also 6 Uhr Ablegen und Kurs Kalmarsund. In Kalmar wollte ich frisches Brot kaufen und eigentlich noch weiter. Dann habe ich allerdings den allerbesten Platz, direkt vor der Touristinfo bekommen und bin eine Nacht geblieben. Abends Fußball im Straßencafe, die Hälfte waren Deutsche oder Sympathisanten, aber es hat nichts genutzt, 0:1 gegen Mexiko. In der Sauna danach treffe ich einen Holländer, dem die Schären nicht so gut gefallen, weil da zu viele Bäume draufstehen.

Ich bin total ausgeruht, um 5 Uhr bin ich jetzt immer das erste Mal wach und frühstücke. Auf geht es in die Schären. Auf dem Weg wird schon der Heckanker klargemacht. 11 Uhr Einfahrt ins innere Schärenfahrwasser hinter der Insel Runnö. Kurz danach ein bestialischer Gestank: Kormoransiedlung!

Ich habe mir eine völlig geschlossene Bucht ausgesucht, „Solbergnäset“, weil es Dienstag wieder heftig aus West wehen soll. In der Einfahrt macht es einen Knick um 90°, so dass man wie auf einem kleinen See liegt. 12.30 Uhr bin ich schon vor Heckanker am Felsen fest und kein anderes Boot ist in Sicht, meine Insel Näset. Der Rundgang offenbart, dass die ganze Insel ein großer Steinbruch mit Steinmetzen war. Als es mit den Steinen im ersten Weltkrieg schon zu Ende war (Beton), kamen die Aufträge aus Deutschland für die 1000-jährigen Granitbauwerke und Denkmäler. Der Steinbruch gehörte sogar der Stadt Berlin.

Solberganäse

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Solberganäse Steinbruch

Solberganäse Berlin

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

19. Juni: Was tun am Schärentag? Der Heckanker hält, also Wanderung nach Oskarshamn, Stadt erkunden und fehlende Seekarte und Gastlandflagge kaufen. 11 km. Kurz gesagt, die Stadt und die Marinas sind Sch… Es gab nicht ein Straßencafe, in das man sich setzen mochte, das Zentrum ist klein und heruntergekommen. Rundum sind schwedentypisch Genossenschaftssiedlungen ohne Infrastruktur. Als Fußgänger nach 11 km fällt einem das besonders auf die Füße. Immerhin habe ich Karten und Gastlandflagge bekommen und habe die Stadt schleunigst verlassen. 11 km

Auf dem Boot wieder angekommen habe ich erst einmal im Salon aufgeräumt und meine alte schwedische Gastlandflagge wiedergefunden. Wer jetzt noch eine braucht…

20. Juni: Der Wind lässt zwischen 11 und 15 Uhr nach 4-6 Bf, statt 5-7. Die Zeit will ich nutzen, um ein kleines Stück weiter zu kommen. Ich habe mir Stora Kättelsö ausgesucht, direkt am Weg und nach SW gut geschützt. Also nur kurz nördl. Oskarshamn.

Anker auf war anstrengend, neben dem Gewicht des Ankers hatte ich einen riesigen Bart mit Kraut und Schlamm zu hieven. 12.30 wieder fest am Felsen, diesmal brauche ich keinen Heckanker. Hier habe ich wieder einen rundum unverbauten Blick, auch auf den Kalmarsund. Baden bei jetzt 10°C fällt kurz aus.

21. Juni: Weiter geht es nach Norden, aber in Schärenschritten, so um die 10 Meilen. Ich habe mir Orrholmen ausgeguckt, der halbe Weg nach Klintemala. Den Platz habe ich nur in dem Buch von Parczyk gefunden (nicht angegeben im schwedischen Detailführer des schwedischen Kreuzerklubs). Ein Abzweig vom Krakelundfjord in N-S-Richtung, also guter Schutz vor westlichen Winden. Kurz vor der Einfahrt in den Fjord sind mehrere Yachten unterwegs, aber alle segeln vorbei, ich bin wieder ganz allein und kann mir den passenden Platz am Felsen aussuchen.

Schärennavigation, meine Erfahrungen: 1. Vor den Einfahrten in die Schären bläst immer ein kräftigerer Wind als auf See. Segel rechtzeitig wegnehmen! 2. In den Schären ändert sich die Windrichtung nach dem Injektorprinzip, Wind von West reißt hier den Wind aus Nord mit. 3. Wenn du einen windstillen Anleger am Felsen gefunden hast, eine Leine am nächsten Baum, und willst den Anleger trinken, kommt ein schwedischer Motorbootfahrer mit Höchstgeschwindigkeit vorbei und du überdenkst deine Mooringsituation neu.

Ich habe, trotz Landkontakt, das Beiboot zu Wasser gelassen und einen Anker ausgebracht, um mich gegen den Fels/ die irren Motorbootfahrer zu sichern.

Netz ist hier schlecht, also Handy in die Overboard-Hülle und am Mast geheißt, schon klappt es (nicht mit dem Telefonieren, aber Nachrichten).

Da ich das Beiboot nun mal schon im Wasser habe, fahre ich eine Runde im Fjord und finde bestätigt, dass ich den besten Platz an den Felsen gefunden habe. Dann genieße ich die Ruhe und die Landschaft. Darüber hinaus gibt es aber auch nichts sehenswertes und nun nach 3 Tagen Schären… Ich bewundere die Buchschreiber, z.B. die Parczyk’s, die jetzt offensichtlich den gesamten Fjord mit Beiboot und Lot vermessen haben, um dieses hervorragende Buch zu schreiben und mir diesen Platz zu empfehlen. Hut ab und danke!

 

22. Juni: Midsommar: Ich war mal wieder früh wach und habe nach dem ersten Kaffee schon mal das Deck klariert, eine jetzt nutzlose Leine (der Wind hat nördlicher gedreht) zum Land eingesammelt. Ich will auch früh los nach Klintemala, bevor alles geschlossen und im Rausch ist. Im Fjord ist es total windstill. Den Anker muss ich ausfahren, das geht gut und er ist sauber, also kiesiger Grund. Langsam geht es mit Motor voran, draußen pfeift der Wind, dass ich von Hand steuern muss, weil die Automatik es bei dem böigen strahlenden Wind oft nicht schafft. Segelboote sind mal wieder nicht unterwegs, es ist lausig kalt (Segelanzug). Klintemala hat nur 12 Gastliegeplätze, hoffentlich bekomme ich einen (heiße Dusche wäre schön), aber man kann rundum auch ankern.                   

Der Hafen ist dann sogar ziemlich leer, kein Problem, auch nicht mit dem Anlegen mit Heckbojen, der Wind kommt genau von vorn. Der Hafenmeister erklärt mir, dass Klintemala das Outback wäre, ähnlich dem hohen Norden. Den Hafenmeister macht er nur, weil sich kein anderer gefunden hat und gleichzeitig ist er Köpman und Cafe’-betreiber. Seine Leidenschaft sind Jagen und Fischen, deshalb ist er hier. Unter dem Ladentisch bekomme ich richtiges Bier.

Klintemala

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Midsommar Klintemala

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Midsommar Floss

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Ich werde zur Midsommarparty auf der Festwiese eingeladen. Ansonsten ist hier bis Mittag reger Motorbootverkehr. Die Motorbootfahrer (und die sich mit Motorbooten befördern lassen) feiern offensichtlich auf einer Insel (Vinö?). Ich genieße eine ausdauernde heiße Dusche.

15 Uhr steigt hier die Midsommerparty bei Sonnenschein auf einem Dorfplatz mit geschmücktem Baum (midsommarstangen), Musik und Reigentanz. Alle Frauen mit Blütenkranz und meist weißen langen Sommerkleidern. Die Männer beschwören mich, dass dies die lebenswerteste Region und Gemeinde ist. Nach einer Stunde ist das Meiste vorbei und die Leute verpieseln sich.

Neben mir liegt eine wunderschöne dt. Yawl, vielleicht 13 m, aber die Eigner sind nicht da. Danebeneine 70 Fuß-Yacht aus Gernsey mit Verwandten (Vater und Sohn) aus Südafrika, die deutsch sprechen. Sie sind etwas unglücklich, wollen was erleben und sind falsch in den Schären. Wo kommt man hier auch mit einem 70-Fuß-Schiff unter. Sie wollen nach Stockholm. Um einen Liegeplatz zu finden, brauchen sie einen Makler, teuer!

Am nächsten Mittag lege ich ab, der Wind soll gegen 14 Uhr noch zu meinen Gunsten drehen. Mit Großsegel (bei der Ausfahrt noch zur Sicherheit mit Motorunterstützung geht es langsam zur nächsten Schäre, Händelöp huvud. Die stellt sich dann als Highlight heraus. Mein Plotter, der mir bisher immer geholfen hat, steigt aus. Ganz langsam (Leider kein Matrose am Bug) geht es zwischen Felskante und großen Steinen hindurch, auf jeder Seite vielleicht 1 – 2 m Platz an den Felsen.

Händelöp Huvud

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Händelöp Fischerhafen

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Übrigens, es ist ja Midsommar-Sonnabend und plötzlich sind relativ viele Boote unterwegs. Unterwegs treffe ich auf fast allen Schären lagernde Gruppen und es ist auch wieder warm.

24. Juni: Genauso langsam wie hinein fahre ich auch wieder hinaus, bis ich in den Schärenweg einsteuern kann. Dann geht es durch den Spärö-Sund, indem sich gerade zwei Segelboote begegnen können und links und rechts 20 m hohe Felsen aufragen nach Västervik.

Ich gehe in die Pampas-Marina, weil sie am dichtesten am Stadtzentrum liegt und ich auch einkaufen will. Wieder eine gute Wahl, nette Bootseigner mit Hang zu Aussteigern, interessante Boote. Natürlich schaue ich mir bei einem ausgedehnten Stadtrundgang auch den großen Gästehafen gegenüber an, aber wie schon in Kröslin, riesig und tote Hose. Die Gaststätte ist geöffnet, aber es sitzt dort nur ein Paar und ich ziehe es vor, schleunigst wieder in das sehenswerte und auch lebendige Stadtzentrum zurückzukehren.

Västervik ist übrigens die „neue“ Stadt. König Erik von Pommern hat die Burger von Gamleby aufgefordert, sich hier, näher an der See, anzusiedeln und ihnen dafür drei Jahre lang die Steuer erlassen. Ich rede mit mehreren Leuten und alle beteuern, dass dies die schönste Schärenküste ist, vielleicht bis Stockholm.

Nach einem Stadttag habe ich wieder Lust auf die Schären. Ich will mich morgen mit Heiko vom MYC treffen, der sich hier schon längere Zeit aufhält (heute war er noch in Valdemarsvik).

25. Juni: Um 7 Uhr geht die Arbeit in der Marina los. Ich gebe ihnen 15 min und versuche dann in der Marina/Werft/Volvowerkstatt ein neues Schnüffelventil zu bekommen. Haben sie nicht, haben aber auch keinerlei Ahnung, suchen an falschen Stellen im Volvo-Katalog. Ich verabschiede mich, zahle aber auch keine Liegegebühr.

Es geht gut voran, z.T. mit Großsegel und Fock, z.T. aber nur mit dem Groß als Stützsegel + Motor.

12.30 Uhr komme ich an der Tonne in Jungfruskär an. Dort liegt Heiko mit seiner Orisby mit der Mitgliedschaft in der schwedischen Kreuzerabteilung und einer riesen Erfahrung in dem Gebiet. Er ist jetzt das dritte Jahr hier in den Schären und kennt sich wirklich aus. Mit meinem Schlauchboot erkunden wir die Felsen, es ist eine Schäre, die schon relativ weit draußen in der See liegt und einen anderen (nackteren, felsigeren) Charakter hat, als die zuletzt besuchten (bewaldeten) hat. Es ist sehr angenehm einen Freund auf See zu treffen.

Jungfruskär

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Wir verabreden, am nächsten Tag gemeinsam einen Ankerplatz bei Stora Slipholmen aufzusuchen. Ich versuche es erst bei leichtem achterlichen Wind nur mit dem Großsegel voran zu kommen, aber ich kann nicht mit Heiko und seiner leichten Hiddensee unter Genua mithalten, also setze ich auch die Fock und ziehe nun an ihm vorbei. Es geht durch ein sehr engen Nebenfahrwasser. Das Boot habe ich fest an einem Felsen, als auch Heiko ankommt, so dass er bei mir längsseits festmachen kann. Mein Anlegemanöver wird interessiert von einem Seehund beobachtet, der auch am Abend noch einmal nach uns sieht. Heiko ist erstaunt, wie schnell ich mit meinem Anlegemanöver fertig bin.

Mein System: Zunächst natürlich die geeignete Stelle am Felsen finden (Abstieg, Baum, Felsbrocken oder Spalten für Felsnägel zum Festmachen). Dann Anfahrt auf den Felsen, Heckanker mit 5 m Kette und ca. 40 m Leine steht bereit und wird 2 Bootslangen vor dem Felsen ausgebracht. Dann kümmere ich mich nur um die Annäherung an den Felsen, gehe an Land und mache den Bug mit einer Leine an Land fest. Dann wird die Heckankerleine dicht geholt. Meist sind es 4-5 m Wassertiefe und ca. 20 m Ankerleine, das hält. Notfalls, wie in diesem Fall eine zweite Bugleine an Land festgemacht, um den Ausstieg zu erleichtern. Fertig. Natürlich darf man nicht auf einen in irgendeinem Revierführer ausgewiesenen Super-Platz festgelegt sein, wenn es mit dem Wind nicht passt und stärkerer Wind bei engem Raum von der Seite weht. Karte lesen und Platz aussuchen. Hier in den Schären sind die Möglichkeiten unerschöpflich.

Wir haben hier nochmal einen schönen Abend mit Grillen, Sonnenuntergang, Seehundbesuch und Klönschnack. Auf der anderen Seite der Schäre (200 m) ist ein Steg, vier Boote liegen daran und abends ist die Sonne weg.

St.Slipholmen

 

27.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Juni: Nun heißt es Abschied nehmen. Heiko wird sich noch den Sommer hier herumtreiben, ich will langsam zurück nach Hause. Wir trennen uns am Ankerplatz wie im Film, Heiko fährt in die eine Richtung und ich in die Entgegengesetzte. Der Wind kommt von vorn und ich muss mit dem Motor fahren, am Ende geht es auch mit Segel, aber ich will mir eine gute Ausgangsposition für den angekündigten frischen Wind aus Nord verschaffen, der mich durch den Kalmarsund bringen soll. Nach drei Stunden Motoren gegenan habe ich die Nase voll und wähle die erste und einfachste Option, Anleger an Idö, mit Restaurant auf der Anhöhe. Für 160 Kr. Inkl. Dusche kann ich auf den passenden Wind warten.

Idö Hafen

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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